Praktikant im Katastrophen-Zentrum

04 Februar 2007

Der Franzose

Dieses Franzosen liebstes Thema ist der Sport. Egal um welche Art
es sich auch drehen mag, er weiß Bescheid. Als sehr gutes Beispiel
sei hier die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland ange-
führt, bei der, wie wir alle wissen, die französische Nationalmann-
schaft im Finale mit 4:6 gegen Italien verlor. Aber schon zu Beginn
der Meisterschaft hatten die Franzosen leichte Schwierigkeiten,
was die Administratoren dazu veranlaßte zuerst einen Ausdruck
der schweizerischen und später einen der südkoreanischen
Nationalflagge ohne des Franzosen Wissen an dessen Tür zu
heften. Seine Reaktion war beide Male verständlich und amüsant
zugleich, als er laut grummelnd diese Flaggen von seiner Tür riß.
Die Krönung jedoch war der Tag an dem er herausfand wer diese
schändlichen Taten begangen hatte. Dieser Franzose zischte nur
in feinstem französischen Akzent ein "Arrrschloch" durch seine
wohl gepflegten Vorderzähne. Auf einen Aushang der italienischen
Flagge wurde verzichtet.

Als der weltweit größte Reifenhersteller Michelin im letzten Jahr
ankündigte nicht weiter der Formel Eins als Reifen-Lieferant zur
Verfügung stehen zu wollen, war dies ein weiterer Anlaß für die
Administratoren des Katastrophen-Zentrums interne französische
Nerven zu kitzeln. Die Telefone verfügen über Displays in denen
die Nummer des Anrufers erscheint sobald dieser eine Verbindung
herstellt. Für die nächsten Wochen wurde der Franzose, im Falle
das er anruft, mit "Ahh, bonjour monsieur, Ça va? Achja und
Michelin zieht sich aus der Formel Eins zurück!" begrüßt.
Bis heute hat er nicht mehr angerufen.

Heute waren ich und Herr Hörnch auf dem Weg durch die schlecht
beleuchteten Flure des Katastrophen-Zentrums um ein Telefon
neu zu verkabeln. Plötzlich bog der Franzose um die Ecke einen
Karton tragend und beide wirkten leicht geknickt. Einen Tag nach
dem spannenden Spiel von Deutschland gegen Frankreich bei der
Handball-Weltmeisterschaft der Herren 2007, das ich zu einigen
Programmierarbeiten nebenher angeschaut hatte, war das auch
nicht verwunderlich. Er sagte nichts, entschwand durch eine Tür
und hat meinen Ausruf "Finale, OOoo" wohl nicht mehr hören
können, denn diese Türen wirken dick und schwer, jedoch nicht
ganz so schwer wie der derzeitige Aushilfskoch in der Kantine.
Später jedoch, ich saß an meinem Platz im Adminbüro gleich links
hinter der Eingangs-Ecke, erspähte der eintreffende Herr Hörnch
den Franzosen durch die geschlossene Glastür die Treppe abwärts
nehmend und rief mir zu: "Ey, sag das nochmal was Du vorhin los-
gelassen hast!" Ich verstand zuerst nicht, doch antwortete ich
just in dem Moment als der Franzose die Treppenhaustüre
öffnete lauthalts: "FINAALEE, OOoo!" Und bekam ein überaus
freundliches "SCHAUST DU LIEBER SU DASS DU MIR DEN NEUEN
NOTS-CLIENT DRAUF MACHST!" und ein gezischtes "Arrrschlooch"
hinterher. 1:1, denn er wartet immerhin schon seit über sechs
Wochen darauf, daß ich ihm dieses Update installiere.

Falls es in der kommenden Formel Eins Saison dazu kommen sollte,
daß das Renault F1 Team einen Motorschaden erleidet, werde ich
sicher auch einen Ausdruck tätigen und ihn an des Franzosen
liebstes Gefährt anbringen: Renault, Createur de Malheur ...
Peugeot fährt ja nicht mehr in der F1. Gott sei Dank!