Praktikant im Katastrophen-Zentrum

15 Dezember 2007

Finagles' Erbe - Teil Eins

Zeit ist Geld und Geld ist knapp. In meinem Fall, da ich nur Prak-
tikant bin, kürzt man das Geld aus der Gleichung und erhält nach
weniger mathematischen aber um so mehr pseudo-philosophischen
Vorgaben die Gleichung: Zeit ist knapp. Der Gleichung tieferer Sinn
liegt in der Tatsache, dass ich, um meinen Abschluß als Fachinfor-
matiker der Systemintegration, kurz FISI, zu erlangen, ein Projekt
durchführen, es dokumentieren (10 Seiten ohne Inhaltsverzeichnis
und Anhang), es präsentieren und mich den Fragen dreier IHK-
Prüfer, welche in den verschiedensten Bereichen der Wirtschaft
tätig sind, sei es Caritas, Sparkasse, etc., stellen musste und tat-
sächlich, wie im Katastrophen-Zentrum üblich, alles erst kurz vor
knapp geschehen gemacht worden war. Kurzum, ich begann mit
dem Schreiben meiner Projekt-Dokumentation zweieinhalb Tage
vor Abgabetermin, an einem Sommer-Mittwoch in der Frühe.

Nicht nur zur Unterstützung meinerseits, sondern auch wegen der
noch anstehenden Spezialarbeiten an den Katastrophen-Servern
hatte der IT-Leiter im Einvernehmen mit seinen zu jeder Zeit
besser informierten Untertanen einen Spezialmenschen einberufen,
um das zu erledigen, was wir, nicht wegen unseres mangelnden
Wissens oder Erfahrungsschatzes nicht können, sondern weil der
Spezialmensch sich ganz und gar auf die Server hechtet, während
wir uns den alltäglichen Katastrophen widmen dürfen. Auf des
Spezialmenschen Laptop prangte ein großen buntes Emblem in
Form dreier gestrichelter Buchstaben, wobei die Stich-Buchstaben
jeweils eine andere Farbe trugen. So etwas negiert-frivoles hatte
ich seit meinem ersten Besuch im Allerheiligsten der EDV des
Katastrophen-Zentrums, dem Serverraum, nicht gesehen.
Ich sprach ihn darauf an: „Ähm, taucht das Teil was?“ Woraufhin
der Spezialmensch wortlos aber mit einem breiten Grinsen in der
Oberfläche seinen Laptop ergriff, zum nördlichen Fenster des
Administratorenbüros gleitete, es öffnete und durch dieses sein
Arbeitsgerät mit einem mächtig eleganten Wurf in den gegenüber
liegenden feuchten Canon-Drucker-Friedhof, sprich Ententeich,
versenkte. Es taucht und so auch der Spezialmensch, der bereits
unten im Teich stand, um seinen Laptop zu bergen. Erstaunlich,
fast schon unheimlich.
Nach dieser Demonstration begab sich der Spezialmensch in den
Serverraum, um sich an den Servern zu schaffen zu machen. Ich
indes versuchte mich auf meine anstehenden Schreibarbeiten zu
konzentrieren, als der IT-Leiter sich den Spezialmenschen mit
der grün-weißen Leine heranzog und ihm mitteilte, dass er doch
besser meine Schreibarbeiten zwecks des technischen Inhalts
überwachen sollte. Also wich er für den Rest des Tages nicht von
meinem Rücken. Er war zwar klein, aber schwer. Das Mittagessen
wurde vom IT-Leiter gestrichen - mit meinem Eddong 8401
(Chinesische Konkurrenz) - und kurz darauf auch der Feierabend.
Ich schrieb die ersten Seiten und fügte mich den stummen Fakten
des Spezialmenschen. Ich trug meinen Teil bei, indem ich für kor-
rekten Satzbau, Layout, Gestaltung und eine persönliche Note
sorgte. Der Spezialmensch half wirklich nur bei den technisch
hochanspruchsvollen Themen (z.B. wie Windows tickt). Ehrlich!

Als ich endlich knurrenden Magens um 22:97 nach Hause kam,
wartete nichts auf mich außer meinem Bett mit integrierter
schwanzwedelnd-schnurrender Katze samt Haaren und Urin.